Den Zeitpunkt verpasst

Symbolbild
Rechtzeitig vorsorgen mit einer guten Patientenverfügung

Meine Frau hatte vor einigen Jahren eine Patientenverfügung mithilfe eines Anwalts erstellt. Zwei Jahre später wurde bei ihr eine Demenz diagnostiziert. „Alzheimer“ traf uns mitten in unserem Ruhestand, den wir bis zu diesem Tag genossen hatten. Einige Zeit ging es meiner Frau noch recht gut. Wir konnten noch mehrere schöne Reisen an Orte unternehmen, an denen wir mit unseren Kindern Urlaub gemacht hatten.

Nach und nach verschlechterte sich ihr Zustand und ich betreute sie zu Hause, so gut ich konnte. Dann erlitt ich einen Herzinfarkt und musste ins Krankenhaus. Meine Frau konnte nicht allein zu Hause bleiben und die Kinder suchten für sie einen Platz in einem Pflegeheim – vorübergehend, dachten wir zunächst. Doch meine Gesundheit ließ es auch nach einer langen Reha nicht mehr zu, meine Frau zu Hause zu pflegen.

Der Wunsch zu sterben

Meine Frau hatte schon zu Hause über ihren Sterbewunsch gesprochen. Wir hatten gehört, dass Sterbehilfe jetzt auch in Deutschland möglich ist. Aber es war noch nicht an der Zeit, sich konkret damit zu beschäftigen.

Im Pflegeheim baute meine Frau krankheitsbedingt immer mehr ab. Sie äußerte den Wunsch nach Sterbehilfe, aber als ich Hilfe suchte, war es zu spät. Meine Frau hätte keinen Antrag mehr unterschreiben, geschweige denn selbst schreiben können. Schon bald konnte sie keine ganzen Sätze mehr sprechen.

Das böse Erwachen

Nach einigen Telefonaten habe ich erfahren, dass ein ärztlich assistierter Suizid nicht mehr möglich ist. Aber eine Patientenverfügung könnte ein Ausweg sein. Durch den Verzicht auf lebenswichtige Behandlungen könnte ein langes Leiden verhindert werden.

Meine Frau wollte nie lebensverlängernde Maßnahmen, wenn sie in einen Zustand gerät, in dem sie nicht mehr selbst über sich entscheiden kann und dauerhaft pflegebedürftig wird oder eine Krankheit bekommt, die nicht heilbar ist. Alzheimer ist so eine unheilbare Krankheit.

Doch dann kam das böse Erwachen bei einem Blick in die Patientenverfügung. Sie war so formuliert, dass meine Frau immer die medizinisch bestmögliche Behandlung nach ärztlichem Ermessen wünschte. Jetzt habe ich endlich auch in meine eigene Patientenverfügung geschaut, wir waren damals zusammen beim Anwalt. Tatsächlich, auch hier die gleiche Verfügung.

Für meine Frau ist es nun zu spät für eine Änderung ihrer Patientenverfügung. Das war für mich ein ganz tragischer Moment, als mir das klar wurde. Aber für mich ist es noch nicht zu spät für eine neue Patientenverfügung, in der tatsächlich meine Wünsche festgehalten werden.

Herr W., Ehemann von Klara W, 83 Jahre