Hektik, Hoffnung und Entscheidungen
Mein Mann hatte einen Schlaganfall. Eines Morgens wunderte ich mich, warum er so lange im Bad brauchte. Ich sah nach und fand ihn bewusstlos auf dem Boden liegend. Zum Glück hatten wir für den Notfall die Nummer des Rettungsdienstes im Telefon gespeichert. Alles ging sehr schnell, der Krankenwagen kam und ich fuhr mit ihm ins Krankenhaus.
Dort stellte sich schnell heraus: Es war ein schwerer Schlaganfall. Er musste beatmet werden, vielleicht war sogar eine Operation nötig. Der Arzt bereitete mich so schonend wie möglich darauf vor, dass mein Mann, sollte er überleben, nicht mehr der Alte sein würde. Mein Mann würde ein Pflegefall werden. Ob es eine Patientenverfügung gäbe, fragte der Arzt.
Keine Patientenverfügung
Nein, er hatte keine Patientenverfügung. Wir haben nie darüber nachgedacht. Mein Mann und ich hatten gemeinsam ein Elektrogeschäft. Deshalb hatten wir uns gegenseitig eine Generalvollmacht erteilt. Wir dachten, das würde reichen. Nun sollte ich entscheiden, wie es mit meinem Mann weitergeht. Ich zitterte vor Angst und Aufregung. Schließlich hatte ich mich so weit beruhigt, dass ich meine Kinder anrufen konnte.
So saßen wir schließlich zu Hause um den großen Küchentisch. Die Kinder hatten Pizza und Salat mitgebracht. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Inzwischen war es vier Uhr nachmittags. Der Arzt erwartete von mir, von uns Angehörigen, eine Entscheidung. „Was würde ihr Mann sich wünschen, hat er sich früher dazu geäußert?“ Wir können ihren Mann nicht mehr fragen, hatte der Arzt gesagt.
Wir quälten uns mit der Entscheidung. Die Kinder blieben über Nacht. Doch am nächsten Morgen war es nicht besser. Wir konnten und wollten die Entscheidung nicht treffen. Schließlich nahm mein Sohn die Sache in die Hand. „Es ist, wie es ist. Wir können und wollen nicht über Leben und Tod von Papa entscheiden. Also müssen das die Ärzte tun.“ Er rief im Krankenhaus an und bat um ein Gespräch, möglichst noch im Laufe des Tages. Wir fuhren gemeinsam ins Krankenhaus und fragten den Arzt, was er als Fachmann für das Richtige hält. Er sprach deutlich aus, was er am Tag vorher schon zu mir gesagt hatte, was ich aber in der ganzen Aufregung nicht begreifen konnte. Mein Mann würde wohl nicht mehr zu Bewusstsein kommen und nur durch künstliche Beatmung am Leben erhalten werden können. Das Gehirn sei so stark geschädigt, dass er eine Operation nicht für sinnvoll halte. Er riet uns, abzuwarten, wie sich der Zustand meines Mannes entwickeln würde.
Fünf Tage später rief das Krankenhaus früh am Morgen an und teilte mir mit, dass mein Mann in der Nacht verstorben ist.
Klara S. ist 72 Jahre alt, als sie ihren Mann durch einen Schlaganfall verliert.